Mittwoch, 22. August 2007

Kawaii als Religion...

Es scheint fast, dass "Kawaii" eine Art religiöse Bedeutung für die Japaner hat. Denn dieses Ideal wird schon fast fanatisch von einem großen Teil der Bevölkerung praktiziert. Wenn man dieses "kawaii" hört, dann meisst in einer sehr hohen Tonlage mit einem sehr lang gezogenem "iiiii" am Ende des Wortes. Klingt für europäische Ohren fast bedrohlich, wie ein Kampfschrei einer Amazone aus dem Urwald.
Das ganze fängt bei so banalen Dingen wie der Kleidung an. Viele Frauen schminken sich sehr ausgiebig – meist morgens in der Bahn – wobei größten Wert auf ein Kawaii-konformes Aussehen mit Wimpern-Extention und künstlich gelocktem Haar gelegt wird. Die goldenen Schüchen, die gerne auch mal ein Nümmerchen zu klein sein dürfen, deren Absätze allerdings nicht hoch genug sein können, sind perfekt auf diverse Kettchen, sowie das rosa-farbene T-Shirt mit "Hello-Kitty" Motiven abgestimmt. Eigentlich muss fast nicht erwähnt werden, dass sich die Damen, in ihren zu kleinen und viel zu hohen Schuhen sehr schwer beim Laufen tun. Sie laufen nicht, sondern eiern vielmehr über den Asphalt. Sind sie zu zu mehreren unterwegs, könnte man es fast für eine skurrile Choreographie modernen Balletts halten. Manchmal muss man allerdings die Augen zu machen und der Atem stockt, denn die grazil daherstolpernden Ballerinas sind, wie schon erwähnt, nicht sehr trittfest, so dass man das ein oder andere Mal einen etwas grotesk geknickten Knöchel beobachten muss. Innerlich hat man sich schon auf ein lautes knacken eingestellt, doch anstatt zu stürzen und sich sämtliche Bänder im Knöchel zu reissen, wird sich geschickt abgefangen und der Weg schwankender, jedoch nicht stürzender, Weise fortgesetzt.
Man erkennt Anhänger der Kawaii-Religion nicht nur an dem sehr spezifischen und unsicheren Gang, sondern auch daran, dass sämtliche Jünger dieser Glaubensrichtung sich die Haare blond färben. Zumindest versuchen sie das, denn es ist nunmal nicht ganz trivial den sehr robusten und pech-schwarzen japanischen Haaren die Pigmente zu entziehen. So dass aus dem Blond wohl eher ein Kupferton wird und man intuitiv sagen muss: "Naja, hat sich immerhin bemüht...". Die männlichen Anhänger tragen, im Gegensatz zu ihrem weiblichen Widerpart, keine goldenen Schüchen, die zwei Nummern zu klein sind, sondern Slipper im Cowboy-Stil. Passend dazu eine Röhren-Jeans, welche am besten an vielen Stellen eingerissen ist und mit Glitter-Steinchen bestickt wurde. Das Hemd darf ruhig rosa sein, es soll ja schließlich "kawaii" wirken. Allerdings ist es fast unabdinglich, dass es sich dabei um ein Muskel-Shirt handelt, auf welchem ein Totenkopf gestickt ist (natürlich mit Glitter...). So wirkt das ganze Outfit männlich-verwegen. Manchmal stellt sich unwillkürlich die Frage welche Muskeln auf diesen dürren Ärmchen zur schau gestellt werden sollen, aber es muss schließlich das ein oder andere Opfer für den Gesamteindruck gebracht werden.
Es hört nicht bei dem Trendy-Style der Teenies (oder auch älter...) auf, sondern erstreckt sich über fast das gesamte, alltägliche Leben. Beispielsweise ist auf jedem Plakat der Polizei-Stationen, Bus-Unternehmen, Firmen... usw. usf. IMMER ein kleines niedliches Manga-Tierchen abgebildet, was in netten aber kryptischen japanischen Schriftzeichen eine Erklärung zur Bedeutung des jeweiligen Posters abgibt. Dabei sind einige dieser possierlichen Tiere soweit verniedlicht, dass nur mit sehr grosser Unbestimmtheit gesagt werden kann welcher natürliche Vertreter dafür wohl Pate gestanden haben mag. Jedenfalls sind diese Maskottchen sehr "kawaii"!
Ich denke, dass ich heute Abend zum Beten einen "Hello-Kitty"-Schrein aufsuchen werde...

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich weiß schon wie du aussehen wirst, wenn du wieder nach Hause kommst^^

Anonym hat gesagt…

Danke!

Anonym hat gesagt…

Dieser Artikel war sehr interessant, zumal ich für Gedanken Benutzer zu diesem Thema am vergangenen Donnerstag.